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AutorenbildManuel Becker

Im Kirschenland

Gleichmäßig und ausdauernd prasselt der Regen an mein Fenster. Wenn man drinnen im Warmen sitzt, kann dieses Prasseln wohltuend und beruhigend sein. Möchte man allerdings gerne raus, kann man auf das Erlebnis "Regen" verzichten.

Mittlerweile ist es Mitte April und der Frühling lässt weiterhin auf sich warten. Vereinzelt war der ein oder andere schöne Tag schon dabei gewesen. Das muss ich schon zugeben, aber im Großen und Ganzen ist der Frühling des Jahres 2023 doch eher eine Mogelpackung.

 
 

Dann wird eines Tages das Wetter etwas besser. Nicht unbedingt gut, nur besser als die ganze Zeit. Ich kann endlich raus gehen, ohne dass ich nass werde. Es ist zwar bewölkt, aber okay. Alles besser als drinnen zu sein. Wir haben die letzten Jahre schon lange genug drinnen verbracht. Es wird Zeit, das Leben draußen zu genießen. Ich möchte wieder fotografieren gehen. Nachdem die Mandelblüte schon ins Wasser fiel, droht nun auch die Kirschblüte im Regen stattzufinden. Leider ist das Wetter nicht so gut, dass es zum fotografieren reicht. Der Himmel muss Wolkenfrei sein.

Und dann eines Tages, ich bin gerade im Garten Unkraut jäten, kommt die Sonne raus. Und sie bleibt. Ich schaue zum Horizont und entdecke fast keine Wolken. Ich kann es nicht glauben. Ich schaue verdutzt auf meine Wetterapp im Handy, ob ich nicht mitbekommen habe, dass es heute schön werden soll. Aber nein, da steht immer noch bewölkt.

 
 

Ich kann es nicht glauben, dass die Wolkendecke aufgerissen ist und die Sonne die lang ersehnte Energie und Wärme spendet, die wir alle so dringend benötigen. Ich nutze die Gunst der Stunde und schreibe eine gute Freundin an, ob sie mit mir zu den Kirschbäumen fahren möchte, für die mein Heimatort bekannt ist. Diese stehen zu diesem Zeitpunkt in voller Blüte. Natürlich ist sie dabei und ich hole sie abends ab und wir fahren zu den Bäumen und genießen die letzten Sonnenstrahlen des Tages und die Kirschblüte. Obwohl ich in meinem Heimatort schon 29 Jahre lebe, entdecke ich immer wieder neue Obstwiesen. So auch dieses Mal. Spaßeshalber sage ich ihr, dass ich morgen früh vor der Arbeit noch hierher komme und den Sonnenaufgang fotografieren werde. Wirklich damit rechnen, werde ich nicht. Morgen früh ist wieder Bewölkung gemeldet. Mit dem Gedanken, einem Menschen ein Lächeln geschenkt zu haben, fahren wir wieder nach Hause.

 
 

Am nächsten Morgen klingelt um 06:00 Uhr der Wecker. Schlaftrunken schaue ich aus dem Fenster und stelle fest, dass keine Wolken am Himmel erkennbar sind. Sollte ich es noch rechtzeitig zu Sonnenaufgang zur besagten Wiese schaffen, werde ich den Sonnenaufgang vor der Arbeit auf jeden Fall noch fotografieren. Ich schaue auf mein Handy und dieses sagt mir, dass der Sonnenaufgang in 29 Minuten ansteht. Ich ziehe mich in Rekordzeiten um, putze mir die Zähne, wasche mir die Haare, schnappe mir meine Fotoausrüstung und fahre zur Wiese. Um 06:25 Uhr bin ich vor Ort und warte auf den Sonnenaufgang.

 
 

Am Himmel erkenne ich einen breiten Strahl der kerzengerade nach oben zeigt. Hier wird in Kürze die Sonne aufgehen. Der Strahl färbt sich immer stärker. Es sieht so aus, als würde hinter dem Horizont ein gigantisches Feuer lodern. Für einen kurzen Augenblick wird die Kirschblüte zur absoluten Nebensache. Ich stehe da, bestaune das Naturschauspiel. Begleitet wird dieses von dem Konzert der Vögel, die den Tag begrüßen und dem Duft des Blütennektars, der in der Luft liegt. Nachdem die Sonne aufgegangen ist, schlendere ich noch durch die Obstwiesen und genieße ein letztes Mal die Kirschblüte für das Jahr 2023. Die nächsten Tage wird es wieder regnen. Bis danach wieder ein sonnenreicher Tag anstehen wird, sind die Kirschblüten wieder verschwunden. Aus den tausenden von Kirschblüten, reifen dann leckere Kirschen heran.

 


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